Der Hubschrauberabsturz, bei dem gestern ein Insasse ums Leben kam und der Pilot schwer verletzt wurde, gibt den Experten Rätsel auf. Wie konnte es sein, dass der Helikopter offenbar wie ein Stein vom Himmel stürzte? Fiel der Motor aus, blockierte der Rotor? Oder verlor der 51-Jährige am Steuerknüppel bei Nebel und Regen über dem Ursenhöfer Grund die Orientierung? Und wieso gelangte der Hubschrauber, der zur Überwachung der Gashochdruckleitung unterwegs war, überhaupt an den Waldrand bei der Gigglerskopfhütte? Die nächste Gasleitung ist nämlich kilometerweit entfernt.
"Zur Unfallursache können wir noch nichts sagen", musste der Sprecher der Polizeidirektion Heidelberg passen. Zusammen mit der Kriminalpolizei Sinsheim ist jetzt das Luftfahrtbundesamt in Braunschweig dabei, den Hergang des Unglücks zu rekonstrukturieren. Klar ist: Kurz nach 10 Uhr erreichte die Polizei die Mitteilung, dass unweit des Gemarkungsdreiecks Zuzenhausen/ Daisbach/ Eschelbronn ein gelber Hubschrauber abgestürzt ist. Zunächst hieß es, ein Spaziergänger hätte das Wrack gefunden. Tatsächlich aber war kurz vor dem Absturz, vermutlich schon über Zuzenhausen, ein automatisches Notsignal vom Hubschrauber aus an die Mannheimer Leitstelle gegangen, die daraufhin einen zweiten Helikopter in die Luft schickte. Dieser suchte den Raum zwischen Meckesheim und Sinsheim ab – in der Hoffnung auf eine geglückte Notlandung. Aber dann fand man den abgestürzten Helikopter. Zwischen Obstbäumen lag die gesuchte Maschine, völlig zertrümmert, mit den Kufen nach oben. Nach erstem Augenschein war der Hubschrauber mit der Pilotenkanzel zuerst auf der Wiese aufgeschlagen. Der Unfall selbst war offenbar unbeobachtet geblieben.
Michael Held, Geschäftsführer der LGM, die auch den Flugplatz bei Mosbach- Lohrbach betreibt, schließt menschliches Versagen praktisch aus. Der Pilot habe große Erfahrung, habe bei LGM die Flugprüfung abgelegt und gelte als äußerst zuverlässig. Held war schockiert von dem Ereignis. Das Unternehmen, das etwa 30 Mitarbeiter und 45 Freiberufler beschäftigt, hat laut Held in seiner 27-jährigen Geschichte noch nie einen derart gravierenden Unfall gehabt. LGM hat in der Branche ebenso wie die ihr angeschlossene Flugschule einen guten Ruf. Stars wie Placido Domingo oder Frank Sinatra verließen sich schon auf die Flugfertigkeiten von LGM- Piloten.
Nach Darstellung von Angela Grether, Sprecherin der Gasversorgung Süddeutschland mit Sitz in Stuttgart, war der gestern anberaumte Kontrollflug eine Routinesache für den 46 Jahre alten GVS-Mitarbeiter. Um das 2000 Kilometer lange Gasleitungsnetz zu überprüfen seien so genannte Flugbeobachter etwa alle drei Wochen jeweils drei Tage in der Luft. Das Augenmerk gelte dabei den orangefarbenen Tafeln entlang der Pipeline. Diese würden aus einer Höhe von 60 bis 150 Meter überprüft.
Die viersitzige Bell 206 Jet Ranger zählt zu den Arbeitspferden unter den Helikoptern. Seit über 40 Jahren wird sie in unterschiedlichen Modellen produziert. Die Maschine, die in Zuzenhausen abstürzte, war mit einem 450 PS starken Rolls-Royce-Triebwerk ausgestattet, das eine Spitzengeschwindigkeit von bis zu 240 Stundenkilometer ermöglicht.
Vollgetankt bringt es der Jet Ranger auf eine Flugzeit von knapp drei Stunden. Insider identifizierten den Hubschrauber mit der Kennung D-HJET als jenen, der wiederholt bei Formel-I-Rennen auf dem Hockenheimring zum Einsatz gekommen war. Er soll dabei auch prominente Passagiere wie Michael Schumacher oder Mika Häkkinen transportiert haben. Dafür gab es gestern allerdings keine Bestätigung.
Der Absturz löste einen Großeinsatz bei Polizei und Feuerwehr aus. Zuzenhausens Bürgermeister Dieter Steinbrenner und Sinsheims Polizeirevierleiter Peter Delora verschafften sich vor Ort ein Bild, ebenso ein Vertreter der Heidelberger Staatsanwaltschaft. Er ordnete die Beschlagnahme des Hubschraubers sowie des Leichnams des Flugbeobachters an. Der Tote wurde zur Obduktion in das Institut für Rechtsmedizin der Universität Heidelberg gebracht. Bis wann Genaueres über die Absturzursache bekannt sein wird, war gestern noch nicht abzusehen.
(Quelle: Rhein- Neckar- Zeitung vom 08.01.08)